Unterfranken: Kriminalität stark zurückgegangen
In Unterfranken lebt es sich besonders sicher – dieses Fazit hat das Polizeipräsidium Unterfranken bei der Vorstellung der Sicherheitsbilanz für das Jahr 2021 am Donnerstag gezogen.
Demnach ist nicht nur die Zahl der Straftaten im Jahresvergleich stark rückläufig, auch konnten die Beamten Rückgänge in nahezu allen Straftatengruppen feststellen. Einer der Hauptgründe dafür ist wohl die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen und Auflagen.
Deutlich weniger Wohnungseinbrüche
41.142 Verbrechen sind 2021 in Unterfranken von der Polizei erfasst worden. Ein Rückgang um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 190-mal kam es zu Wohnungseinbruchsdiebstählen, 41% weniger als noch 2020. Auch Gewaltverbrechen (Mord, Totschlag, Körperverletzung mit Totdesfolge, Vergewaltigung…), Körperverletzungen und Diebstähle sind jeweils um fast ein fünftel gesunken.
Auch die Häufigkeitszahl, also die Zahl der Verbrechen pro 100.000 Einwohnern ist stark gesunken. Sie lag in Unterfranken im Jahr 2021 bei 3123, 2020 noch bei 3620. Bayernweit lag sie im vergangenen Jahr bei 3869.
Cybercrime und Sexualstraftaten nehmen zu
Zugenommen haben hingegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (+8,5%), Internetkriminalität (+13,7%) und politisch motivierte Straftaten (+40,7%). Die Aufklärungsquote lag im vergangenen Jahr bei 72,1 Prozent und damit nur leicht (0,3%) unter der Quote des Vorjahres und weiterhin über dem bayernweiten Durchschnitt (66,9%).
Insgesamt sind 2021 47,7 Millionen Euro Schaden durch Straftaten in der Region entstanden, deutlich weniger als im Vorjahr (134,8 Millionen Euro) und 2019 (86,3 Millionen Euro). Die meisten Verbrechen wurden dabei von Erwachsenen begangen (16.627), 618 von Kindern und jeweils rund 1900 von Jugendlichen und Heranwachsenden. Auffällige Veränderungen zu den Jahren zuvor gibt es bei diesem Verhältnis nicht.
Rückgang auch in Unterfrankens Städten
Die Zahl der durch zugewanderte Menschen begangenen Straftaten war 2021 leicht rückläufig. Und auch die Delikte in den unterfränkischen Städten Würzburg (-15,4%), Schweinfurt (-21,5%) und Aschaffenburg (-20,9%) sind gesunken.
Die Straftaten in diesen drei Städten machen rund 37% aller Straftaten in Unterfranken aus. Das erklärt sich vor allem dadurch, dass viele der Straftäter und -Täterinnen zwar außerhalb der Stadt wohnen, aber beispielsweise zum Feiern, Einkaufen oder Arbeiten in die Städte kommen und dort dann eine Straftat begehen.
Gewaltkriminalität war laut der Bilanz im vergangenen Jahr rückläufig, so kam es zu 42 Straftaten gegen das Leben (2020: 65) darunter sieben Morde (einige Taten, die gerichtlich noch nicht abgeschlossen sind, fehlen in dieser Statistik allerdings, so beispielsweise die Messerattacke am 25.06.21 in Würzburg, bei der drei Menschen getötet worden sind). Auch die Zahl der Körperverletzungen ist um rund 1100 zurückgegangen.
Wohl große Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt
Nicht bestätigen können die Zahlen der Polizei die Befürchtung, dass durch Corona und die damit einhergehende Isolation und die Lockdowns zu mehr häuslicher Gewalt geführt haben. Darunter fallen Verbrechen wie Vergewaltigung (27-mal), Nötigung (97-mal) Bedrohung (349-mal) und schwere Körperverletzung (zweimal).
Offiziell sind die häuslichen Gewalttaten um 9 Prozent gesunken.
Allerdings sei das Dunkelfeld hier sehr hoch. Tatsächlich gebe es wohl eine große Diskrepanz zwischen den gemeldeten und angezeigten Gewalttaten und denen, die wirklich passiert sind, erklärt Kriminaldirektor Holger Baumbach. 78,3 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt bei uns in der Region sind weiblich, 78 Prozent der Täter männlich.
Mehr Verbrechen im Internet
274 Fälle von Internetkriminalität gab es im vergangenen Jahr mehr als 2020, ein Anstieg um 13,7 Prozent. Auf Platz eins stehen dabei Betrugsdelikte wie Fakeshops oder bestellte Waren, die nicht bezahlt wurden.
Zugenommen hat auch die Verbreitung pornografischer Schriften und von Material das sexualisierte Gewalt gegen Kinder zeigt. Damit setzt sich ein Trend der letzten Jahre fort. In den vergangenen drei Jahren habe sich die Zahl der Straftaten in diesem Bereich verdreifacht, so Baumbach.
Auch die Sexualdelikte insgesamt sind um acht Prozent gestiegen. Auch der sexuelle Missbrauch von Kindern hat zugenommen (2021: 216 Fälle; 2020: 200). Um dem entgegenzuwirken, gibt es seit Juli 2021 die AG KiPo, bei der unterfrankenweit rund 20 Beamtinnen und Beamte auf freiwilliger Basis mit der Aufklärung und Bekämpfung dieser Verbrechen widmen.
Die Vergewaltigungen haben etwas abgenommen (2021: 105; 2020: 117).
Drogen verlagern sich ins Netz
Bei der Rauschgiftkriminalität stellt das Polizeipräsidium Unterfranken 2021 den stärksten Rückgang seit zehn Jahren fest. Ein Zeichen für Entwarnung sei das laut Baumbach aber nicht, viele der Vorgänge würden sich ins Internet verlagern und seien deswegen oft weniger greifbar. Diese Mahnung bestätigt auch die Zahl der Rauschgift-Toten, die ist im vergangenen Jahr nämlich leicht gestiegen, von 17 (2020) auf 22 (2021).
Viele Verbrechen im Zusammenhang mit Corona
Besonders stark gestiegen ist die Zahl der politisch motivierten Straftaten. Allerdings nicht am politisch linken und rechten Rand (hier ist ein Rückgang zu erkennen), sondern im sogenannten Bereich der nicht zuzuordnenden Tatmotivationen.
Darunter fallen Reichsbürgerinnen und -Bürger, sowie selbsternannte Querdenkende und Menschen, die mit den Corona-Maßnahmen nicht einverstanden waren. Verstöße gab es hier vor allem im Bereich Versammlungen, Beleidigung, Erpressung und Sachbeschädigung.
Ende der Pandemie könnte Zahlen wieder steigen lassen
Für das Jahr 2022 geht die Polizei davon aus, dass die Zahl der Straftaten, mit einem möglichen Ende der Corona-Pandemie wieder leicht zunehmen wird. Mit dem Auslaufen der meisten Infektionsschutzmaßnahmen am Sonntag rechnet Baumbach damit, dass die Polizei weiterhin zu zahlreichen Einsätzen im Zusammenhang mit Corona ausrücken werden, beispielsweise, wenn Geschäfte sich auf ihr Hausrecht berufen und weiterhin das Tragen einer FFP2-Maske voraussetzen, einzelne Kunden sich daran aber nicht halten möchten.