Stammzellen ? Die moderne Hoffnung auf Heilung<br>

11.05.2015, 13:00 Uhr in Service, Anzeige
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Labor – Bild von pixabay.com / PublicDomainPictures

Stammzellen haben in der medizinischen Forschung mittlerweile einen festen Platz eingenommen. Während Experten bereits von einer neuen Ära sprechen, zweifelt die Gesellschaft weiterhin an den Vorteilen. Die Ängste sind groß, wodurch es an wertvollenSpendernfehlt und der Fortschritt teilweise blockiert wird. Allerdings stellt sich zurecht die Frage, ob sich mit Stammzellen künftig tatsächlich Krankheiten wie Leberschäden, Parkinson oder Alzheimer heilen lassen und wie realistisch die Erfolgsversprechen der Forscher sind. Neben Stammzellen aus Nabelschnurblut scheinen Stammzellen aus dem Mutterkuchen gleichermaßen vielversprechend zu sein.

Negativschlagzeilen durch den Missbrauch von embryonalen Stammzeilen trugen in der Vergangenheit maßgeblich dazu bei, dass das Misstrauen gegenüber der Forschung zunahm. Am grundsätzlichen Gedanken, mit Stammzellen Heilung zu erzielen, ist nichts auszusetzen. Schon früh wurde das markante Potenzial, das in adulten Stammzellen steckt, erkannt. Stammzellen haben im menschlichen Organismus drei wesentliche Aufgaben. Neben dem Aufbau sind sie bis zum Tod für Reparatur und Regeneration verantwortlich. Umso älter ein Mensch ist, desto weniger eifrig gehen Stammzellen allerdings ihrer Arbeit nach. Seit Langem werden deshalb aus dem Knochenmark sowie weiteren Organen Stammzellen entnommen, um defekte Zellen und damit verschiedenste Krankheiten zu heilen. Viele Leukämie-Patienten, Menschen mit Störungen des Immunsystems, Kinder mit Hirnschäden oder Brandopfer konnten damit gerettet werden. Sogar die Sehkraft wurde mit Hilfe der Stammzellentherapie bei einigen Patienten wieder hergestellt. Die Nachbildung von Organen spielt in der Stammzellforschung ebenfalls eine große Rolle. Während es im Labor gelang Ohren und Nasen zu züchten, müssen sich derartige Forschungserfolge in der Praxis noch behaupten. Bei adulten Stammzellen aus dem Knochenmarkt gibt es im Vergleich zu embryonalen Stammzellen zwar keine ethischen Bedenken, problematisch sind die riskante Entnahme und hohen Kosten. Hinzu kommt, und das ist für Forscher fast ausschlaggebender, dass adulte Stammzellen aus dem menschlichen Organismus beschädigt sein können und weitaus weniger flexibel sind.

Stammzellen aus der Nabelschnur

Vielversprechender sind Stammzellen aus Nabelschnurblut, die direkt nach der Abnabelung risikofrei entnommen werden und die höchste Verträglichkeit garantieren. Die Hoffnung damit schwere Erkrankungen heilen zu können, ist in der Forschung groß. Auf der Internetpräsenz der deutschen Stammzellenbank Vita 34, bei der VerbraucherNabelschnurblut einfrieren & einlagernlassen können, um dem Nachwuchs später höhere Heilungschancen im Krankheitsfall zu sichern, wurde der Grund für die Popularität verständlich dargestellt: „Der Behandlungserfolg mit Stammzellen hängt entscheidend vom Alter der Zellen ab. Stammzellen altern mit uns und können durch Krankheiten und Umwelteinflüsse Schaden nehmen.“ Es ist erwiesen, dass viele altersbedingte Erkrankungen erst auftreten, wenn Stammzellen aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sind, beschädigte Zellen zu reparieren und die notwendige Regeneration zu gewährleisten. Diese Tatsache erklärt, warum Knochenmarkspender unter 45 Jahren bevorzugt sind. Ihre Zellen sind jünger und potenter. Zudem wird auf der Onlinepräsenz verdeutlicht: „Die Nabelschnurblut-Stammzellen sind die jüngsten und vitalsten körpereigenen Stammzellen und gänzlich frei von Viren“. Die damit verbundenen Vorteile sind enorm. Die genannte Stammzellbank hat die Bedeutung des Nabelschnurblutes früh erkannt und war innerhalb Europas die erste ihrer Art. Siefeierte kürzlich das 18-jährige Bestehen, was die hohe Nachfrage nach der Einlagerung von Stammzellen für den Eigenbedarf belegt.

Blut – Bild von pixabay.com / geralt

Hilfe aus dem Mutterschoß?

Neben Nabelschnurblut ist auf dem Gebiet der Stammzellenforschung eine weitere Errungenschaft auf dem Vormarsch: Stammzellen aus dem Mutterkuchen. In der Industriestadt Haifa stellt die israelische Biotech-Firma Pluristem Medikamente aus Plazenten her. Die Mitarbeiter züchten aus dem biologischen Abfall, wie die Plazenta unter Medizinern bislang aufgrund der direkten Entsorgung nach der Geburt genannt wurde, Stammzellen und erzielen erstaunliche Ergebnisse mit ihren Erzeugnissen. WieDie Weltkürzlich berichtete, behauptet Generaldirektor des Unternehmens Yaki Yanay zum mit hochmodernen Filtersystemen ausgestatten Produktionsraum, dass er „steriler ist als jeder OP und sogar um einiges reiner als die Produktionsanlage einer Computerchipfabrik“. In Bioreaktoren werden aus den Mutterkuchen Stammzellen gezüchtet, um später Darmkrankheiten, Blutkrebs, Raucherbeine oder Schlaganfälle zu heilen.

Für die Herstellung von circa 150.000 Ampullen, die jeweils mit 300 Millionen Stammzellen gefüllt sind, benötigt Pluristem dank patentiertem Verfahren nur 15 Mutterkuchen. Der Vorteil dieser Zellen besteht laut Yanay darin, dass die Krebsgefahr gebannt ist, die bei embryonalen Stammzellen theoretisch besteht. Die sogenannten mesenchymalen Stammzellen sind in ihrer Lebensdauer begrenzt. Nach drei bis vier Wochen sterben die Zellen ab, wodurch es keine Gefahr für ein Einnisten im Körper gibt. Allerdings reiche die kurze Anwesenheit im Organismus, um Krankheiten zu behandeln.

Die Besonderheit, die Pluristem gelungen ist, besteht in der exakt identischen Nachbildung des gleichen Endprodukts. Die Zellen stimmen überein, was in der Vergangenheit ein großes Problem in der Stammzellenforschung war. Tobias Winkler, Arzt an der Charité Berlin, erprobt gemeinsam mit Pluristem bereits seit acht Jahren Stammzellen im Alltag. Er sagt: „Als Arzt will man genau wissen, was man seinem Patienten verabreicht“ und ergänzt „In dieser Hinsicht ist Pluristem einmalig“. Winkler erzielte mit den eingesetzten Stammzellen überraschende Effekte an Patienten. Er spricht selbst zwar von einer neuen Art von Medizin, warnt jedoch gleichzeitig vor einem Hype: „Man darf Stammzellen nicht unkritisch in Fällen verwenden, in denen es keine wissenschaftliche Rationale gibt.“ Das Potenzial sei aber auf jeden Fall da. Bislang konnten keinerlei Nebenwirkungen festgestellt werden. Außerdem erzielten die Stammzellen im gesamten Körper positive Effekte und nicht nur dort, wo sie gespritzt wurden. Körpereigene Zellen wurden beim Erholen und Regenerieren unterstützt. Von Nervenkrankheiten über Lungenhochdruck bis hin zu Blutkrebs reicht die Palette der Heilungsmöglichkeiten, die von mesenchymalen Stammzellen ausgehen. Die potenziellen Einsatzgebiete sind noch vielfältiger. US-Behörden wollen zum Beispiel testen, ob die Medikamente Strahlenopfern helfen können. Ob und in wie weit es zum Vertrieb der Stammzell-Präparate kommt, bleibt abzuwarten.
Der Sender arte hat sich mit dem Thema Stammzellenforschung beschäftigt und eine interessante Dokumentation dazu veröffentlicht. Der Film erleichtert es die umfangreiche Thematik zu erfassen.