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Würzburg/Unterfranken: Mehr Gewalt gegen queere Menschen - aber auch mehr Hilfsangebote

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07.03.2023, 05:30 Uhr in Lokales
Eine Regenbogenfahne
Foto: pixabay.com

Etwa 7,4 Prozent der Menschen in Deutschland gelten als queer – also ungefähr jede dreizehnte Person. Pro Schulklasse sind das im Schnitt mindestens ein bis zwei Kinder. Als normaler Teil der Gesellschaft können sich diese Menschen aber oft dennoch nicht fühlen.

Beratungsstellen wie das Regenbogenbüro Unterfranken in Würzburg versuchen das durch ihre Arbeit zu ändern. Wie weit der Weg noch ist, zeigen aktuelle Zahlen der bayerischen Staatsregierung.

Zahl der Gewalttaten steigt

In den letzten zehn Jahren (2010 bis 2021) hat sich die Zahl der Gewalttaten gegen queere Menschen in Bayern versiebenfacht. Wie viele Fälle von Gewalt gegen queere Menschen es in den letzten Jahren in Unterfranken gab, kann die Polizei nicht sagen – weil diese Daten derzeit nicht extra erfasst werden.

Steffen Baer vom Würzburger Regenbogenbüro geht aber davon aus, dass die Fälle zum einen steigen, gleichzeitig aber auch die Sensibilisierung für dieses Thema in der Bevölkerung wächst – Gewalttaten, die sich gezielt gegen queere Menschen richten also immer öfter als solche wahrgenommen werden.

Ausgrenzung und Bloßstellen

Dabei geht es laut Baer nicht nur um körperliche Angriffe. Auch verbale und emotionale Gewalt spielen eine große Rolle – ebenso wie Diskriminierung. Baer berichtet von Menschen, die eine Wohnung nicht bekommen, weil sie homosexuell sind und man das der Hausgemeinschaft nicht zumuten könne.

Aber auch von Schulkindern, die von Lehrkräften vor der ganzen Klasse geoutet werden oder Menschen, die auf der Arbeit Ausgrenzung und Ablehnung erfahren, weil man ihnen aufgrund ihrer Sexualität oder geschlechtlichen Identität weniger Kompetenz zutraut (mit einer ähnlichen Argumentation sehen sich auch Frauen teilweise noch immer konfrontiert, wenn es beispielsweise um die Frage der gleichen Bezahlung von Mann und Frau geht).

Aufklärung und Beratung

Was dagegen hilft, sind flächendeckende Beratungsangebote und eine umfangreiche Aufklärung – schon in der Schule. So sei es wichtig, mit den Kindern und Jugendlichen offen und reflektiert über die unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten und Formen der Sexualität zu sprechen.

Derzeit wird, laut Baer, im Sexualkundeunterricht oft noch ein Bild gezeichnet, dass signalisiert: alles, was nicht der „heterosexuellen Norm“, also Mann liebt Frau und hat Sex, um eine Familie zu gründen, entspricht, sei nicht „normal“. Dadurch würden queere Menschen schon früh Ausgrenzung erfahren.

Würzburg auf gutem Weg

Aber es gebe auch durchaus positive Entwicklungen. So sei es in Würzburg möglich, als queerer Mensch ein gutes und unbeschwertes Leben zu führen.

Zwar gebe es auch hier Diskriminierung, aber die Stadt biete viele Möglichkeiten Anschluss und Akzeptanz zu finden. Außerdem gibt es hier gute Beratungsangebote und von Seiten der Stadtverwaltung große Bereitschaft, das Thema Gleichberechtigung und Toleranz voranzutreiben.

Nachholbedarf auf dem Land

Besonders im ländlichen Raum fehle es aber noch immer an ausreichenden Anlaufstellen und Beratungsangeboten für queere Menschen. Laut Baer brauche es in jedem Landkreis mindestens eine Ansprechperson für die Belange der LGBTIQ*-Community.

Insgesamt sei die Gesellschaft auf dem richtigen Weg. Einrichtungen, wie das Regenbogenbüro in Würzburg tragen zur Verbesserung der Lage für queere Menschen bei. Beispielsweise durch Vernetzung, Beratung und Sichtbarkeit.

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